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Dresdens Theaterbauten: So lebendig ist der Denkmalschutz!

Mit der aktuellen Jahresausstellung "Theaterbauten in Dresden" liefert das Landesamt für Denkmalpflege den historischen Bühnenhintergrund für ein Thema, das den Bürgern der Stadt offenkundig sehr am Herzen liegt. Einen Besucheransturm erlebte denn auch die Eröffnungsveranstaltung im Ständehaus: mehr als hundert Gäste lauschten den Ausführungen von Prof. Dr. Rosemarie Pohlack. Die Sächsische Landeskonservatorin ließ in ihrer Begrüßungsrede die Geschichte Dresdner Theaterbauten lebendig werden, schilderte kurzweilig den Weg vom exclusiven Hoftheater zum Privattheater für jedermann gegen Eintritt. Und nach dem Rundgang durch die Ausstellung weiß man: ob Zwingerfestspiele oder Semperopernball, ob Operettenumzug oder Konzerthausneubau – alles ist in Dresden schon irgendwann einmal in ähnlicher Form dagewesen.

Das erste Hoftheater – Radierung von Carl Gregor Täubert (nach 1841)

Interessant etwa, wie sich Dresden nach dem dreißigjährigen Krieg langsam zur Kulturstadt mauserte, und wie sich diese Entwicklung an der Architektur festmachen lässt. Als Meilenstein zu nennen ist das "Komödienhaus am Taschenberg", das Wolf Caspar Klengel für den Kurfürsten Johann Georg II. entwarf. Mit dem Schloss durch einen Gang verbunden, war es 1667 einer der ersten Theaterbauten in Europa überhaupt. Leise schmunzelt, wer dann erfährt, dass das Komödienhaus bald zur Hofkapelle umgewidmet wurde. Zur Hochzeit von Friedrich August II. mit der Erzherzogin von Österreich musste also Ersatz her: Oberlandbaumeister Pöppelmann errichtete das "Opernhaus am Zwinger", das 1719 nach nur elf Monaten Bauzeit mit der Lotti-Oper "Teofane" eröffnet wurde. 1746 errichtete zudem der Unternehmer Pietro Mingotti im Zwingerhof ein hölzernes Schauspielhaus für das zahlende Publikum, das allerdings nach zwei Jahren abbrannte… All das schilderte Prof. Dr. Ingo Zimmermann überblicksartig in seinem Festvortrag, und zitierte dabei mehrfach aus Hans Schnoors Werk "Dresden, vierhundert Jahre deutsche Musikkultur". An dieser Stelle einzuhaken und den Schriften des glühenden Nationalsozialisten Schnoor, der in den zwanziger Jahren Feuilletonleiter der »Dresdner Neuesten Nachrichten« war, inhaltlich genauer nachzugehen, wäre die mindeste Pflicht heutiger Kulturwissenschaftler. An diesem Abend blieb eine Auseinandersetzung aus.

Innenansicht des "Komödienhauses am Taschenberg" (Ausschnitt), J. O. Harms 1679

Tatsächlich blieben aber die Worte des Präsidenten der Sächsischen Akademie der Künste a.D. nicht ohne Widerspruch. Turbulent wurde es nämlich, als eine Dresdner Bürgerin das Schlusswort der Landeskonservatorin brüsk unterbrach und provokativ nachfragte: "Wo ist der Dresdner Denkmalschutz heute?" Dass Ilge Mirring mit ihrer flammenden Rede, die sich wesentlich gegen die der Sterne-Gastronomie geschuldeten Umbauten in den Wandelgängen der heutigen Semperoper richtete, stürmischen Applaus bei allen Anwesenden hervorrief, sollte den Ausstellungsmachern zumindest eines zeigen: dass sie nämlich mit ihrer Jahresausstellung, die zeitlich mit der heutigen Semperoper endet, inhaltlich zu früh abgebrochen haben. Ästhetische wie kulturpolitische Parallelen zu heutigen Bauvorhaben zu ziehen, wäre das eigentlich Interessante am Thema gewesen. Frau Mirring aber, die monierte, Denkmalschutz wie Tagespresse blieben in den wichtigsten Dresdner Debatten aus Desinteresse untätig, sei vorsichtig entgegengehalten: wer die Ausstellung aufmerksam betrachtet, findet zu allen Zeiten pragmatische bauliche Veränderungen an und vor allem in Dresdens Theaterbauten. Diesen Häusern eine zeitgemäße, jeweils "moderne" Nutzung zuzugestehen und entsprechende Umbaumaßnahmen sachdienlich zu begleiten und zu überwachen: das ist die Aufgabe eines lebendigen Denkmalschutzes, der nicht im musealen Konservieren verharren will.

Ausstellung "Theaterbauten in Dresden"
27. Oktober 2010 bis 22. Februar 2011
Ständehaus Dresden, Schloßplatz 1 (EG)
geöffnet Montag bis Freitag 10 bis 18 Uhr

Führung durch die Ausstellung:
7. Dezember 2010, 17 Uhr

Begleitvorträge:
13. Januar 2011, 17 Uhr
"Wodurch die Tonkunst zu solcher Höhe stieg…" Gedanken zum Dresdner Musikleben im Augusteischen Zeitalter
Prof. Dr. Hans-Günter Ottenberg, TU Dresden

2. Februar 2011, 17 Uhr
"…wo der Trauer stumme Zähren flossen". Richard Wagners Dresdner Jahre, seiner Weber-Verehrung und der Weg zum Musikdrama
Prof. Dr. Manuel Gervink, HfM Dresden