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Fast auf dem Gipfel – Schumann und Bruckner im 9. Zykluskonzert der Philharmonie

Zum letzten Mal in dieser Saison fanden sich am vergangenen Sonnabend die Philharmoniker und ihr Publikum zum Zykluskonzert im Kulturpalast ein. Die große Hitze und der Viertelfinalsieg der Deutschen Nationalmannschaft bildeten den Rahmen für das Konzert, ob diese Ereignisse die musizierten Töne oder das Zuhören derselben beeinflussten, wäre spekulativ. Sicherlich musste mancher im Publikum sich zumindest einmal die Ohren beim Betreten des Kulturpalastes reiben, denn der Lärmpegel auf dem Altmarkt war im Vergleich zum folgenden Schumann-Violinkonzert ungleich höher und zudem reichlich unkoordiniert.

Es hieß, sich zunächst auf ein Werk einzulassen, das heutzutage so gar nicht durch die Konzertsäle rauschen will, zumal es ohnehin eine schwierige Rezeptionsgeschichte hat: 1937 wurde das späte Violinkonzert erst uraufgeführt. Im Gegensatz etwa zum Klavierkonzert haben Florestan und Eusebius ihren leidenschaftlichen Überschwang weitgehend eingestellt, gedankliche Schwere überwiegt und der Solopart ist gespickt von kompositorischen Finessen, bei denen aber kaum die Ergötzung eines Publikums im Vordergrund gestanden haben dürfte.

Thomas Zehetmaier war der gefeierte Solist einer Interpretation, die reif, souverän und eigentümlich zugleich war. Zehetmaier befreite das Werk nicht nur von der melancholischen Schwere, sondern gab ihm durch seinen beherzten Zugriff eine virtuose Leichtigkeit zurück. Intensive Klanggestaltung gesellte sich hinzu, so dass man am Ende den Eindruck einer höchst respektvollen Annäherung an das Werk erhielt. Unter der Leitung von Marc Albrecht, der oft und gerne in Dresden dirigiert, konnten die Philharmoniker nicht immer an die solistische Leistung anknüpfen, zu abdedeckt war der Klang des in der Mitte der Bühne eng platzierten Orchesters. Überraschung dann bei der Zugabe: Zehetmair entschied sich für einen Ausschnitt aus der Solosonate von Bernd Alois Zimmermann und legte trotz der Kürze des Stückes höchst spannende emotionale Schichten des Werkes frei.

Nach der Pause wartete ein sinfonisches Großereignis auf Publikum und Musiker: die 7. Sinfonie E-Dur von Anton Bruckner ist nicht so gefällig wie etwa die 4. Sinfonie, sie erreicht auch nicht die gewaltigen Ausmaße der folgenden 8. Sinfonie. Marc Albrecht arbeitete viele Charakteristika der Siebten überzeugend heraus, hätte aber durchaus noch mehr auf Kontraste und rhythmische Energie setzen können. Fast alle Sätze hatten einen flüssigen, flexiblen Ansatz, was der Farbigkeit des Adagios sehr zupass kam, dem Finale aber einen eher dramatischen Stempel aufdrückte.

Nicht ganz auf dem Bruckner-Gipfel angelangt waren die Philharmoniker. Immer wieder gab es wunderbar ausmusizierte Themengestaltung etwa in tiefen Streichern, auch mancher Holzbläsersatz im Adagio klang warm und empfunden. Doch unter Albrechts kontinuierlich arbeitenden, zeigenden und zeichnenden Armen wurde das Orchester oft zu laut und im 3. und 4. Satz auch zu unpräzise. Die Blech-Apotheosen des Finales überschritten die Grenzen, in denen noch genug Obertöne für einen runden Gesamtklang entstehen können. Insgesamt aber war es eine ordentliche, mit vielen schönen Details versehene Interpretation. Nach einem Konzert in der Frauenkirche (10. Juli) mit Wayne Marshall und dem musikalischen Picknick auf Schloss Albrechtsberg (11. Juli) werden die Philharmoniker dann in ihren wohlverdienten Urlaub gehen.

Bild Anton Bruckner: Wikipedia