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UA: Zwei Kammeropern von Martin Hecker in der kleinen szene

Mit einer Doppel-Uraufführung gehen am kommenden Freitag die jährlich stattfindenden KOOP-Produktionen in semper kleine szene in eine neue Runde. Der Komponist Martin Hecker stellt mit den Werken »Dinner for One« und »Der Narr im Waisenhaus« zwei Werke gegenüber, die musikalisch wie strukturell grundverschieden sind – feinster englischer Humor trifft auf verschraubt »philosophische« deutsche Komik. »Dinner for One« und »Der Narr im Waisenhaus« sind die ersten Opernkompositionen des 29-jährigen Heckers.

Komponiert für jeweils sechs Sänger/innen geht Regisseurin Mascha Pörzgen den konzeptionellen Weg, beide Opern inhaltlichen zu überbauen: Einer Gruppe von jungen Menschen kommt auf einer WG-Party die Idee, vom Fernsehspiel »Dinner for One« ausgehend, sein eigenes Filmprojekt entstehen zu lassen und diese Idee im nächsten Schritt – d.h. auf der nächsten Party – auch auf »Der Narr im Waisenhaus« zu übertragen.

KOOP – das ist eine Kooperation der Sächsischen Staatsoper Dresden mit der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber Dresden, der Palucca Schule Dresden – Hochschule für Tanz und der Hochschule für Bildende Künste Dresden.

»Dinner for One«
Aus dem kreativen WG-Filmteam tut sich bald ein Regisseur hervor, der die Fäden in der Hand zu haben scheint. Alles, was für den Dreh von Nöten ist, findet sich im Haushalt der Gemeinschaft. Man spielt »Dinner for One«, ganz anders als zu erwarten und vom Fernsehen bekannt, unkonventionell, kreativ, entfesselt als filmisches Spiel im Spiel.

Martin Hecker orientiert sich mit seiner Oper einerseits am Originaltext von »Dinner for One« von Lauri Wylie, welcher den 90. Geburtstag der Protagonistin Miss Sophie behandelt, die ein Abendessen für mittlerweile allesamt verblichenen Liebhaber ausrichtet. Andererseits geht der Komponist in seiner Oper darüber hinaus, lediglich musikalisch die bekannte Fernsehproduktion nachzuzeichnen. So ist etwa abweichend von der TV-Vorlage dem Werk eine musikalische wie inhaltliche Ouvertüre vorangestellt, die, zeitlich die Vergangenheit zeigend, die Gäste von Miss Sophie als anfänglich noch lebend präsentiert, bevor sie diese Ebene verlassen. Die Kommunikation wandelt sich mit Fortschreiten des Stücks so von einer scheinbar realen und doch bereits skurrilen zu einer verrückt überwirklichen Unterhaltung.

»Der Narr im Waisenhaus«

Diese Komposition folgt vermittelnd dem gleichnamigen Prosatext und seiner dramatischen Fassung »Meuterei im Narrenhaus« von Gerhard Branstner. Eine Verwechslung ist Auslöser für eine Verkettung von unglücklichen Um- und Zuständen, die zu einer völligen Verwirrung der Beteiligten führt. Ein Buchhalter, geplagt von Gedächtnislücken, wird statt in eine entsprechende Klinik in eine »Roboterwerkstatt« eingeliefert, wo er, als Maschinenmensch eingeschätzt, gefangen gehalten wird. Der Buchhalter plant seine Befreiung aus seiner Situation, doch bald kennen sich weder Klinikleitung, der Buchhalter selbst noch die auf Reparatur wartenden Roboter mehr aus, ob sie Mensch oder Maschine sind. Ein Verwirrspiel der exzellenten Art, welches auszulösen schon eines veritablen Einfalls bedarf.

 

Uraufführung

Freitag, 5. März 2010, 20 Uhr, semper kleine szene
Weitere Aufführungen 6. / 7 / 12. / 14. / 18. März 2010, jeweils 20 Uhr

Karten sind beim Besucherdienst der Semperoper, in der Schinkelwache oder an der Abendkasse der semper kleinen szene erhältlich. Premiere: 11 Euro, weitere Aufführungen: 9 Euro
 

Martin Hecker ist ein Spross der bekannten, aus Sachsen stammenden Musikerfamilie Hecker. Der in Zwickau geborene Komponist gewann schon früh 1. Preise bei Wettbewerben in den verschiedensten Kategorien, u.a. 1. Preise beim Bundeswettbewerb »Jugend musiziert«, beim Sächsischen Schubertwettbewerb (Leipzig), beim nationalen Bachwettbewerb (Köthen) und beim Sächsischen Kompositionswettbewerb (Wurzen).

Sein Klavierstudium bei Prof. G. Nauck und Prof. W. Apel an der Hochschule für Musik Dresden und an der Universität Mozarteum Salzburg bei Prof. G. Kern, sowie sein Kompositionsstudium bei Prof. J. Herchet (Dresden) schloss er jeweils im Jahre 2008 mit Auszeichnung ab. Im selben Jahr folgte die Promotion zum Thema »Formreflexion und Struktur der 2ème Sonate pour piano von Pierre Boulez; Von der Inszenierung eines Übergangs« bei Prof. Schipperges in Leipzig.

Neben Erfahrungen als Solist des eigenen Klavierkonzertes in der Semperoper Dresden wurde Martin Hecker 2008 ein Meisterklassenstipendium (im Rahmen der graduierten Förderung des Freistaates Sachsen), sowie ein ERASMUS-Stipendium für den Jahresaustausch mit Salzburg verliehen.

Seit 2008 hat er u. a. einen Lehrauftrag an der Folkwang-Hochschule in Essen für: Analyse/Tonsatz/Musiktheorie, für Partiturspiel und seit 2009 auch für Kontrapunkt. Zudem leitet er das Orchester der Katholischen Universität Eichstätt. Das weit gefächerte Werkverzeichnis umfasst Lieder, solistische, kammermusikalische, orchestrale und Tonbandkompositionen. Derzeit ist er Meisterschüler in Komposition und Klavier bei Adriana Hölszky und Georg Kern in Dresden und Salzburg. Als Solist und Kammermusikpartner trat er u. a. in New York, Paris, London, Berlin oder Salzburg auf, auch für den MDR, NDR und für Arte.

Fotos: M. Creutziger