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Verlässlicher Halt auf schwankenden Planken: Element of Crime

Ich würde zuerst gern einen positiven Satz über Maike Rosa Vogel sagen, die als Vorband für dieses Zusatzkonzert der EOC-Tournee auftrat. Hier ist er: Die Berliner Sängerin hatte den Mut, allein auf der Bühne und nur mit einer akustischen Gitarre bekleidet den Satz zu sagen: "Ich bin heute übrigens das allererste Mal in Dresden".

Nach anfänglichen Buhs ob der Verspätung konnte die Band die Stimmung relativ schnell umbiegen: mit krachenden Bässen und Drums, die mir die Hosenbeine schlackern ließen, rollten erst einmal drei Lieder der aktuellen Platte "Immer da wo du bist bin ich nie" in den Saal. Moderater Applaus, immerhin, die Saaltemperatur stieg schnell auf über 30 Grad, was in diesen Wochen auch mal wohltuend ist. Schöne Lichtshow dazumal! Später kam älteres Material, auch englisches. Interessant, die Evolution der Lieder mitzuverfolgen: rockiger klingt "Draußen hinterm Fenster" jetzt, und im tiefsinnigen Refrain von "Schwere See" ("Schwere See, schwere See, mein Herz") wurde die sentimentale Dominantparallele durch eine rüde Dominante ersetzt. Ja, das ist die neue Zeit.

Exakt fünfundsiebzig Minuten Konzert, exakt fünfundzwanzig Minuten Zugaben machen summa summarum einhundert Minuten Musik, unterbrochen nur durch "Laberflashs" (Sven Regener), die allenfalls zehn, fünfzehn Sekunden dauerten. Und ein mutig ins Gekreisch geworfenes "ROMANTIK!". Nordlichter im Geist, Berliner allenfalls auf Erden.

Immerhin, das Publikum ist genau, wie ich es mir für mehr Livekonzerte wünschen würde. Schöne, geheimnisvolle Mädchen, viele Brillenträger mittleren Alters und grinsende Weißbärte, die sich in den Hüften wiegen und den Text mitsingen; die meisten absolut WG-tauglich. Sechs fürsorgliche Jungen trugen gar eine Ohnmächtige zu den Klängen von "Death kills" vor die Tür und fächelten ihr Frischluft zu. Danke, Jungs!

Ich bleibe trotzdem und gerade deswegen dabei: "Element of Crime" sind keine Band zum Live-Hören. Statt mit dreitausend moderat Entflammten soll man die Lieder lieber allein, auf dem Sofa im abgedunkelten Wohnzimmer hören, wo keiner sieht, wenn man bei "Hinter Huchting liegt ein Graben" zum Taschentuch greift. Da kann man auch die lauten Nummern gleich wegdrücken und ist dann wieder allein mit sich, dem Weltschmerz, Kaffee und Karin, Birgit und Bier.