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3. Sinfoniekonzert: „Familienaufstellung“ nach Beethoven

Vierzig Jahre ist es her, dass Herbert Blomstedt das erste Mal vor der Sächsischen Staatskapelle Dresden stand. Orchestermitglieder überreichten ihm am Freitag abend anlässlich des Jubiläums eines der damaligen Programmhefte (gar zu gern hätte man gewusst, was damals auf dem Zettel stand!*)

Ob nun das strenge Vegetariertum, der Verzicht auf Alkohol und Zigaretten (Blomstedt ist Adventist) oder profanere Gründe dafür verantwortlich sind: fest steht, dass der Dirigent mit zweiundachtzig Jahren am Pult äußerst rüstig wirkt. Die vielen geplante Projekte mit dem Dresdner und anderen Orchestern weltweit halten Blomstedt jedenfalls vorerst vom Vorruhestand ab.

Am Freitag standen Beethovens Tripelkonzert und Tschaikowskis "Vierte" auf dem Programm. Die Aufstellung der drei Solisten im "Grand Concerto Concertant" – der Flügel stand schräg und beschallte leider nur die rechte Parketthälfte direkt – sei Anlaß, kurz die Aufstellung der Staatskapelle zu rekapitulieren. Täuscht die Erinnerung, oder war in den letzten Jahren und besonders unter Fabio Luisi die Furtwängler-Variante der "amerikanischen Aufstellung" (Erste Geigen und Bratschen außen) oft die Variante der Wahl? Unter Christian Thielemann war die Kapelle dagegen kürzlich in der "deutschen" oder "klassischen" Aufstellung angetreten, in der sich erste und zweite Violinen am Bühnenrand gegenübersitzen. Ein leidenschaftlicher Verfechter dieser Anordnung ist auch Blomstedt, der das Gewandhausorchester ab 1995 in dieser Sitzordnung dirigierte; keine Überraschung also, dass auch Tschaikowskis "Vierte" mit der räumlichen  Gegenüberstellung der Violinen erklang – und davon fast immer profitierte (allenfalls im gezupften Binnensatz einige Irritationen mit Akzenten der "Zweiten"). Blomstedt dirigierte die Sinfonie auswendig, griff nur in den Fortepassagen des Finalsatzes zum Dirigentenstab.

Am doch eher spröden Tripelkonzert hat sich schon so mancher Solist die Zähne ausgebissen. Das Dresdner Klaviertrio, das das Konzert bereits 1993 mit der Staatskapelle aufgeführt hat (übrigens bis heute die letzte Aufführung des Werkes in der Semperoper), kam nur langsam in die Gänge. Roglit Ishays Klavierpart blieb eher blass; Kai Vogler machte allenfalls durch eine sehr scharfe Intonation in den Höhen auf sich aufmerksam und blieb ansonsten ernst-neutral mit einer leicht bürokratisch-verwaltenden Note. Lediglich Peter Bruns sang auch einmal ein paar Phrasen aus, lächelte die Triopartner dann und wann an und schien hin und wieder direkt Gefallen an der Musik zu empfinden. Sehr schade mithin, dass die kurze Ägypten-Tournee des Orchesters – mit Beethoven auf dem Programm – von den Veranstaltern kurzfristig abgesagt wurde. So muß die Eroberung des afrikanischen Kontinents durch die "Wunderharfe" doch noch ein Weilchen verschoben werden.

*Dank Alexander Keuk wissen wir’s jetzt: es war Nielsens 5. Sinfonie.